facebook
facebook
spotify

Titel

  1. Kleines Lied
    (Bertolt Brecht)
  2. Psalm im Frühjahr
  3. Ballade von den Seeräubern   
    (Bertolt Brecht)*
  4. Über die Vitalität
  5. Der Bilbao-Song   
    (Kurt Weill)*
  6. Dritter Psalm
  7. Lied vom kleinen Wind
    (Hanns Eisler)*
  8. Als ich nachher von dir ging
    (Paul Dessau)
  9. Liebesgewohnheiten
  10. Barbara-Song
    (Bertolt Brecht)*
  11. Schwächen
  12. Das Lied von Surabaya-Johnny
    (Kurt Weill)*
  13. Das Lied vom Förster und der schönen Gräfin
    (Paul Dessau)*
  14. Gegen Verführung
    (Bertolt Brecht)*
  15. Das Lied von der harten Nuß
    (Kurt Weill)*
  16. Die Seeräuber-Jenny
    (Kurt Weill)*
  17. Von den großen Männern
  18. Der Gottseibeiuns
    (Paul Dessau)
  19. Das ist gut
  20. Mutter Beimlein
    (Hanns Eisler)*
  21. Das Mädchen mit dem Holzbein
    (Karl-Heinz Nehring)*
  22. Mein Bruder war ein Flieger
    (Paul Dessau)
  23. Das Lied vom Weib des Nazisoldaten   
    (Hanns Eisler)*
  24. Auf den kleinen Radioapparat
    (Hanns Eisler)*
  25. Nimm Platz am Tisch
  26. Kleines Bettellied
    (Paul Dessau)
  27. Die Moritat vom Mackie Messer
    (Kurt Weill)*
  28. Die Ballade von der sexuellen Hörigkeit
    (Kurt Weill)*
  29. Keuschheitsballade in Dur
    (Hans-Dieter Hosalla)*
  30. Sieben Rosen hat der Strauch
    (Paul Dessau)
  31. Lied der müden Empörer
    (Bertolt Brecht)*
  32. Lied von der großen Kapitulation   
    (Paul Dessau)*
  33. Gegenlied zu „Von der Freundlichkeit der Welt”
    (trad.)*


weitere Hörproben auf www.lastfm.de/music/Gina+Pietsch

* Bearbeitung für Gitarre: Dietmar Ungerank

Aufnahme: Köln 29. – 31. 8. 1997
DeutschlandRadio
Sendesaal des Deutschlandfunks
in Köln

Produzent: Frank Kämpfer
Tonmeister: Gidi Boss
Toningenieur: Hans Martin Renz

Gitarre: Mario Gropp, IX 1996

Die Aufnahme ist eine Koproduktion von kreuzberg records und DeutschlandRadio.

CD bestellen

Klampfenlieder bei Brecht

Gina Pietsch & Dietmar Ungerank

Wichtig ist, das jetzt zu singen
Gina Pietsch im Gespräch


Es begann, als der Brecht bei uns noch als sehr neu und jung empfunden wurde. Bei mir war eine Deutschlehrerin schuld. Die brannte für Brecht, und sie hat, anders als man es oft erlebt, ihre Begeisterung auf mich übertragen. Ich kam zum Studium nach Leipzig und habe an der Studentenbühne die ersten Sachen gesungen. Später hatte ich das Glück, in Berlin an der Musikhochschule bei Gisela May zu studieren. Dann war ich über viele Jahre sehr befreundet mit Ekkehard Schall, und so hat es nicht mehr aufgehört. Mein erster eigener Brecht-Abend ist 1982 herausgekommen, mit dem Liedermacher Stefan Körbel. Später habe ich mit Hannes Zerbe gearbeitet. Was wir jetzt hier auf CD haben, das ist mein nunmehr achtes Brecht-Programm.


Diese zum Teil fast familiäre Nähe zur Brecht-Tradition, hat sie beengt, oder ist sie eher Herausforderung gewesen?
Beides. Auf der einen Seite habe ich sehr viel lernen können. Und zwar von Leuten, die direkt bei Brecht gewesen waren. Zum anderen muß man sich von solchen Vorbildern auch abnabeln können, und das fiel mir nicht immer leicht. Ich begann meine ersten Programme absichtlich auch nicht mit den Frauenliedern, die man von der May kannte, sondern mit den Titeln, die der Ernst Busch sang. Da konnte ich nicht so schnell verglichen werden. Wenn ich mir jetzt die frühen Aufnahmen von der May anhöre, dann merke ich, da weigelt sie, und bei meinen frühen Sachen, da maye ich doch ganz schön. Ich habe schon eine Zeit gebraucht, um einen eigenen Stil zu finden.

Was geschieht, wenn Du heute eine alte Aufnahme mit Helene Weigel hörst?
Als erstes rührt es mich. Wenn die Weigel zum Beispiel die Kapitulation singt. Es ist so, daß ich das heute fast als ein biographisches Lied empfinde. Was mich so bei ihr berührt, ist ihre Art von Naivität, eine kluge Naivität allerdings, auch wenn sie Texte spricht. Da ist eine schlitzohrige Weisheit darin, die kann man nicht einfach nachproduzieren. Da anzuknüpfen, das halte ich schon für vermessen. Irgendwo ist das eben auch eine Endstufe. Das hat mich lange abgeschreckt, mich den ganz großen Liedern überhaupt zu nähern. Heute sehe ich das etwas anders. Man muß die Literatur immer wieder von den Sockeln herunterholen. Mut geholt habe ich mir dazu unter anderem bei Tom Waits oder von Sting. Der zum Beispiel beendet seine Platte Nothing light the sun mit Eislers Lied an den kleinen Radioapparat. Also, Ehrfurcht schon, aber viel wichtiger ist es, das jetzt, in anderen Zeiten also, eben auch zu singen. Denn was Brecht zur Gesellschaft geschrieben hat, das muß nach wie vor gesagt werden.

Hat sich Deine Sicht auf Brecht in den letzten zehn Jahren sehr verändert?
Eigentlich nicht. Ich habe nur in den verschiedenen Jahren Unterschiedliches von ihm gesungen. Ich lebe in der Mitte von Berlin, und vor dem Fall der Mauer habe ich natürlich besonders nach Sachen gesucht, die den Wunsch nach einer politischen Öffnung artikulierten. Einiges davon findet sich auf der letzten Platte Alles wandelt sich mit Hannes Zerbe und Jürgen Kupke. Herausgekommen ist sie 1991. Von der ersten Fassung im Juni '89 war da nur noch der Titel übrig. Die Ereignisse hatten uns ja gleich mehrmals überholt, und das Programm, mit dem wir damals auftraten, wurde immer wieder aktualisiert. Also, ich habe in erster Linie nach dem Gebrauchswert Brechts für mich gefragt und tue das noch heut.

„Klampfenlieder” heißt die neue Platte. Wirkt das als Titel nicht etwas unpolitisch und banal?
Die Idee für das Programm hatten Dietmar Ungerank und ich in Hof. Die Premiere war in einem Literaturcafe mit Kneipenatmosphäre. Zu dieser Form wollten wir uns bekennen. Das bedeutet, daß ich, wenn wir live spielen, zwischen den einzelnen Titeln etwas plaudere. Da bot sich natürlich der junge Brecht an, der ja selbst mit der Klampfe in Kneipen angefangen hat. Die allererste Sammlung von Brecht war ja auch nicht die berühmte Hauspostille, sondern es waren dreizehn von ihm selbst komponierte kleine Lieder, die er Anfang der 20er Jahre unter dem Titel Klampfenlieder von Brecht und seinen Freunden oder Aus des Knaben Plunderhorn herausgeben wollte. Unsere Platte hier enthält musikalisch zwar doch eine ganze Reihe von Bearbeitungen, inhaltlich aber hat sie eine ganze Menge vom Gedankengut des jungen Brecht. In seiner Radikalität ist das alles andere als unpolitisch.

Was hielt der junge Brecht von Musik?
Wenn man Brechts frühe Lyrik sieht, dann wird deutlich, daß er sie immer vom Lied her dachte. Nicht unbedingt, weil er sich selbst begleiten konnte. Sondern, weil eine bestimmte Aufführungsform seiner Texte, später eine bestimmte Art von Theater, dahinterstand. Das findet man noch einmal sehr deutlich am Anfang der Zusammenarbeit Brechts mit Manns Eisler und später bei Paul Dessaus früher Bühnenmusik. Brechts musikalische Vorgaben nahmen seine Komponisten meist ernst. Wir haben hier auf der Platte zum Beispiel den Barbara-Song. Und zwar in Brechts Komposition. In Kurt Weills Bearbeitung in der Dreigroschenoper ist er natürlich sehr viel berühmter geworden. Aber wenn man die beiden vergleicht, stellt man fest, daß sich Weills Fassung von der Brechts nur in wenigen Punkten unterscheidet.

Eure Platte ist auch ein musikalisches Experiment ...
Die ganz frühen Sachen und die Originalkompositionen vom Dessau dazu, das hätte für einen großen Abend nie gereicht. Man braucht die bekannten Songs, die die Leute kennen und immer wieder hören wollen. Das sind Stücke für Orchester, mit Bläsern, auch für Klavier. Fassungen davon herzustellen allein für Gitarre und Stimme, in denen man nichts vermißt, das ist eine Leistung vom Dietmar, die nicht zu unterschätzen ist. Den Surabaya-Johnny etwa singen zu können, nur mit diesem Instrument, dafür bin ich ihm unheimlich dankbar.
(Aus einem Gespräch mit Frank Kämpfer)



Dietmar Ungerank

Gitarrist und Komponist; 1950 in Steinach am Brenner geboren; begann als Zwölfjähriger mit dem Gitarrenspiel, arbeitete in professionellen Bands und tauschte die E-Gitarre mit der Konzertgitarre, auf der er 1977 in München die Gitarrenlehrerprüfung ablegte; neben Konzertverpflichtungen spielt er am Theater Hof die Gitarrenparts in Musicals, Opern und Operetten; ist Dozent an der Musikschule der Hofer Symphoniker, wo er von 1982 bis 1988 das "Internationale Seminar für Gitarre Hof/Saale" initiierte und leitete; seit 1987 befaßt mit Kompositionen, die er in Kombination von Text-Bild-Musik zu Klangbildern umsetzt

1994 CD „Hommage” Kompositionen für Gitarre
1997 Brecht-CD „Klampfenlieder bei Brecht”
2001 Weihnachts-CD „Jesus macht nicht mehr mit”

Die Presse meint:
„Gina Pietsch und Bertolt Brecht haben seit langem eine leidenschaft- liche Liaison. So der Eindruck der Kneipenbesucher, die sich zufällig oder vorsätzlich zu Pietschs CD-Premiere ins Kellerrestaurant im Brecht-Haus eingefunden hatten ... Wie setzt sie nun aber Leidenschaft, Verzweiflung und makabren Witz auf der CD um? Bravourös! Hier setzt die Sängerin etwas weniger Enthusiasmus ein, dafür klingen die leisen Töne um so eindringlicher im Ohr: eine CD für Brecht-Fans und solche, die es werden wollen.”
(Berliner Morgenpost)

„Die exzellente Brecht-Kennerin Gina Pietsch befragt die Lieder nach ihrem persönlichen Gebrauchswert. Das müssen sehr hartnäckige und tiefgründige Befragungen gewesen sein; was heraus kam, ist, in Ungeranks feinfühliger Begleitung – erfrischend urwüchsig, eigenartig und neu. Bei den selten gesungenen „Plunderhorn”- Liedern ist es vielleicht nicht so schwer, originell zu sein, aber eine nicht oft geübte Kunst, sich von den Vorbildern Lenya, Neher, Weigel oder May überzeugend zu unterscheiden.”
(Berliner Zeitung)

„Die Pietsch hat sich zweifellos erarbeitet, was sie prädestiniert, die Brecht-Sängerin der nächsten Jahrzehnte zu sein: Ihr Tonfall ist wissend wie intelligent und vermag dem sexuellen Genießer und Frauenverkoster Brecht genauso gerecht zu werden wie dem marxistisch-leninistischen Vernunftsmenschen, also dem ganzen Brecht. Ihre Stimme hat Charakter und verrät den der Interpretin ...”
(Neues Deutschland)